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Warum es Rohschokolade eigentlich nicht gibt

gold angesprühte Kakaoschote
Es gibt viele Mythen und Missverständnisse darüber, welche Vorteile Rohschokolade hat. Immer häufiger wird Rohschokolade in Bio-Läden und Supermärkten angeboten. Und mit Sicherheit habt auch Ihr schon vom Superfood-Potential gehört. Aber ist Rohschokolade wirklich so gesund? Und was heißt roh in diesem Kontext überhaupt? Wir haben für Euch die wichtigsten Fakten zusammengetragen.
 

Roh oder nicht roh – das ist hier die Frage

Der Begriff “roh” oder “raw” suggeriert, dass die angebotene Schokolade oder Nibs naturbelassen daher kommen. Ganz so einfach ist es aber eben nicht, denn alle rohen Schokoprodukte sind immer auf die ein oder andere Art verarbeitet. Klingt verwirrend? Ist es auch.
Um Rohkakao, rohe Nibs oder Rohschokolade herzustellen, werden Kakaobohnen fermentiert. Hierfür werden sie in der Regel – umgegeben von Bananenblättern – in Holzkisten gelegt, wo die Kakaobohnen dann fermentiert werden. Bakterien, Hefen und andere Mikroorganismen bauen während des Fermentationsprozesses den Zucker aus dem Kakaobohnenfruchtfleisch ab und reagieren damit. Der Fermentationsprozess ist ein natürlicher Schritt beim Herstellen von Schokolade. Er wird von Schokoherstellern und Farmern bewusst gesteuert, um bestimmte Aromen hervorzuheben und Geschmacksprofile zu erreichen.
 

Rohschokolade: die Temperatur macht’s

Rohkostbefürworter sehen Lebensmittel dann als “roh” oder “raw” an, wenn sie nicht über 48°C erhitzt werden. Falls ihr zu diesen Personen gehört, müsst ihr jetzt leider stark sein ;-) Wir haben für Euch viele Schoko-Bücher und Blogs gelesen und Experten gefragt. Alle sind sich ziemlich einig: Bei der Herstellung von Kakaonibs und Schokolade wird regelmäßig die “roh”-Temperatur von 48°C überschritten. So wird sie beim Fermentieren und Trocknen oft überschritten und kann nicht wirklich kontrolliert werden. Selbst beim Mahlen und Pressen entstehen natürlicherweise durch die Reibung höhere Temperaturen.
Viele Experten gehen sogar noch weiter: würden die Kakaobohnen im Weiterverarbeitungsprozess nie wärmer als 48°C, wären sie wahrscheinlich ungenießbar. Wenn ihr schon mal bei einem unserer Tastings mitgemacht habt, dann wisst ihr, dass Schokolade tannische Geschmacksnoten bereithält. Diese werden im Fermentationsprozess weitestgehend abgebaut und nur teilweise erhalten, um ein rundes Geschmacksprofil zu bekommen. Ohne die Fermentation würde ein sehr bitteres Produkt entstehen, welches ihr weder als Nibs noch als Schokolade zu Euch nehmen wollt.

Raw vs. Unroasted

Auf den Punkt bringen es unsere Freunde und Schokohersteller ‘Raaka’ aus New York. Anstatt ihre Schokolade als “roh” zu bezeichnen, nutzen sie den Begriff “unroasted”, also ungeröstet. Wir finden: super Idee! Denn was die meisten Menschen – abgesehen von strengen Rohkostanhängern – mit Rohkakao oder Schokolade meinen, ist eigentlich nicht “roh” sondern ungeröstet. Deshalb trifft Nate von Raaka folgende Unterscheidung: “die Kakaobohnen für Raaka-Schokolade sind fermentiert und getrocknet, jedoch nicht geröstet. Im Gegensatz dazu sind nur unfermentierte Kakaobohnen wirklich roh.”
Was also als rohe Schokolade oder Rohkakao verkauft wird, hat sehr wahrscheinlich – auch mit viel Bemühung auf Seiten der Hersteller – die 48°C-Marke mehrfach überschritten. Einen weiteren kniffligen Punkt der Rohschokolade bringt Greg von Dandelion Chocolate auf den Punkt. “Ein hauptsächliches Ziel der Fermentation besteht darin, den Kakaosamen abzutöten. Einmal fermentiert, gibt es keine lebensfähigen Samen mehr, er kann nicht mehr sprießen. Es ist also nichts “rohes” mehr an einer fermentierten Kakaobohne”.
Anstatt Schokolade also unter dem “raw”-Label zu verkaufen, würden wir gern den Begriff “ungeröstet” weiter etablieren. Auch wenn dieser vielleicht etwas sperriger ist und weniger im Trend liegt. So trifft er doch im Kern meist das, was wirklich gemeint ist.
 
Ganz viel Schokolade aus gerösteten – und ein paar aus ungerösteten – Bohnen, findet ihr natürlich in unserem Shop!

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